Online Communities als Business Model

Von yawave
am 01.02.22
 

Es gibt eine Vielzahl von Online Communities ausserhalb von Social Media. Einige werden direkt durch Beiträge finanziert, andere indirekt durch die vielen Vorteile, die eine aktive Community für ein Unternehmen bietet.

Direkt finanzierte Online Communities

Beispiele für eine direkte Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge sind:

  • Paid Media: Mit Entstehen des Internets wurden Zeitungsverlage vor eine grosse Herausforderung gestellt – kostenlose Inhalte. Damit brach ihr Business Model zusammen, und es liess sich auch nicht ausreichend durch Werbung kompensieren. Mittlerweile nutzen die meisten Publisher eine Mischfinanzierung aus Print und Online, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Print ist nach wie vor kostenpflichtig, online sind nur bestimmte Artikel «paid content», gegen Bezahlung verfügbar. Streaming Communities – ob Video oder Audio – bieten ihren Mitgliedern ebenfalls bezahlten Content, entweder von aussen eingekauft oder selbst produziert. Das tun sie mittlerweile so erfolgreich, dass sie für Filmstudios, Musikverlage und Veranstalter eine ernsthafte Konkurrenz geworden sind.
  • Membership Platforms: Das können Gaming Communities sein, wo sich User gegen Bezahlung für virtuelle Gruppenspiele freischalten. Es gibt Trainings-Communities, die von einzelnen Tutorials und Webinaren bis zu kompletten virtuellen Studiengängen ein grosses Spektrum abdecken. Einige Social Media-Plattformen bieten ihren Mitgliedern sogenannte «Premium-Mitgliedschaften» an, die entweder weitere Kommunikations-Features (LinkedIn, XING) oder werbefreien Content (youtube) freischalten. Youtube wird damit zu einer Mischform von Publisher / Medienunternehmen und Social Media-Plattform. Aber auch LinkedIn und XING versuchen, durch den Aufbau eigener Redaktionen selbst zu Publishern zu werden.
  • E-Commerce: Handelsplattformen wie Amazon bieten ihren Endkunden ebenfalls Premiummitgliedschaften (Prime) und Medienabonnements (Kindle Unlimited) an, die schnelleren, kostenlosen Versand und exklusiven Content wie Video- und Audio-Streaming beinhalten.

Von den genannten Beispielen finanzieren sich nur Streaming Communities, Gaming Communities und Trainings-Communities komplett über Mitgliedsbeiträge. Alle anderen nutzen eine Mischfinanzierung, die durch Werbeeinnahmen ergänzt wird.

Indirekte Finanzierung: 5 Community-Faktoren, die mehr wert sind als Beiträge

Bei indirekten Finanzierungsmodellen entfallen die Mitgliederbeiträge komplett. Hier treten an ihre Stelle Vorteile, die mehr wert schöpfen als reine Beiträge. Auf fünf davon soll nun näher eingegangen werden.

1. Data Harvesting

Eine besonders starke emotionale Bindung zu ihren Communities besitzen Sportclubs und -verbände. Spitzenclubs, aber auch kleinere, regionale Vereine haben sich mittlerweile aktive, treue Online-Communities aufgebaut. Das dahinterliegende Business Model heisst «Data Harvesting»: der Fan bezahlt exklusiven Content mit Datengold, also seinen persönlichen Angaben, die nicht nur Kontaktdaten, Geschlecht und Geburtsdatum beinhalten, sondern auch besondere Vorlieben und Anknüpfungspunkte mit dem Club als Marke. Dafür erhält er exklusiven Content, den es nur oder zumindest zuerst für Community-Mitglieder gibt. So verstärken sich Daten und Content gegenseitig: je besser die Datenlage und je genauer ein Club den Fan kennt, umso gezielter kann er ihm personalisierten Content ausspielen. Je relevanter der Content, umso eher ist der Fan bereit, dafür auch künftig weitere Daten preiszugeben. Die Währung, die von beiden Seiten akzeptiert wird, heisst Relevanz. Die eigentlichen Geldquellen – Sponsoring, Fanartikel-Shop, Online-Tickets, Werbung – fliessen umso mehr, je relevanter und individueller das Angebot ist, das dem Fan unterbreitet wird. Mit anderen Worten: Monetarisierung funktioniert nur durch Legitimation.

2.  Kostenreduktion

Wenn die Communities Kunden-Support anbieten oder den Usern eine Plattform liefern, auf der sie sich austauschen und gegenseitig mit den Produkten und deren Anwendung helfen können, reduziert dies das Anfrageaufkommen bei den Anbietern und spart so Kosten und Kapazitäten in den Support-Teams. Darüber hinaus können massiv Werbekosten eingespart werden, weil überzeugte Mitglieder einer Community andere User werben und vom Angebot eines Unternehmens überzeugen. Solche «persönlichen» Netzwerke und Empfehlungen haben eine viel höhere Glaubwürdigkeit als Werbung, und damit einen größeren Einfluss auf den Abverkauf.  

3.  Cross- und Up-Selling

Je besser ein Unternehmen seine Kunden kennt, um so besser kann es deren Bedürfnisse befriedigen. Im Fall der unternehmenseigenen Online Communities bedeutet das ein großes Mehrverkaufspotenzial. Produktangebote können sich personalisiert an den Präferenzen der User ausrichten, sei es, daß sie diese in Community-Umfragen und Feedback Tools angeben, sei es, daß sie mit einem Loyalty Programm verbunden sind. Dort werden Käufe festgehalten und mit Punkten belohnt. Es können aber auch Weiterempfehlungen der Community oder der Produkte honoriert werden. Die gesammelten Punkte können gegen Vergünstigungen, andere Produkte oder einen besonderen Status – wie der «Frequent Traveller» bei Miles & More – eingetauscht werden. Möglich ist auch, daß dem Mitglied zusätzliche Dienstleistungen verkauft werden, die sein Produkt ergänzen. 

4.   Kundenbindung

Online-Communities können ein sehr effektives Instrument zur Kundenbindung sein. Sie bieten der Stammkundschaft einen virtuellen Hafen, in dem sie sich untereinander und mit dem Unternehmen austauschen und zu dem sie beliebig oft zurückkehren kann. Auch hierfür sind Sportclubs und -verbände ein Paradebeispiel: wo besser könnten sich Fans in den Spielpausen austauschen als in virtuellen Communities? Je aktiver eine Community ist und je mehr sie wächst, umso größer wird die Kundenbindung, weil sie wie jede starke Marke eine emotionale Sogwirkung entfaltet. Menschen wollen dazu gehören, Teil von etwas sein, das größer ist als sie und so ihre eigene Bedeutung steigern. Gerade in Zeiten globaler Krisen können treue Anhänger, die für verlässlichen Umsatz sorgen, über Wohl oder Wehe einer Organisation entscheiden.

5.   Image

Ein weiterer wichtiger Community-Faktor, der mehr wert ist als Mitgliedsbeiträge, ist die Aussenwahrnehmung einer Organisation, ihr Image. Je mehr treue Anhänger eine Marke oder eine Organisation hat, umso eher wird sie als relevant und als positiv wahrgenommen; schliesslich können nicht alle falsch liegen. Außerdem schaffen Anhänger eine größere Meinungsmacht in Medien und Politik sowie eine größere Marktmacht. Wenn die Organisation sich öffentlicher Kritik ausgesetzt sieht, wird sie für jeden Fürsprecher dankbar sein, genauso wie für einen guten Leumund, wenn Krisen-PR gefragt ist.   

Also…

Beim Business Model einer unternehmenseigenen Online Community sind Mitgliederbeiträge der unwichtigste Finanzfaktor. Mit den indirekten Faktoren wie Data Harvesting, Kostenreduktion, Upselling und Kundenbindung lässt sich für ein Unternehmen langfristig viel mehr Wert schöpfen.