Die digitale Transformation bewegt heute die KMUs. Was sind die Herausforderungen, die du im Rahmen eurer Projekte antriffst?
Im Grunde sind es drei Problemsituationen, die einzeln oder in Kombination auftreten:
Erstens, «die blinde Digitalisierung»: Unternehmen digitalisieren leider oft hektisch und planlos. Dabei wird vielfach der Kunde vergessen. Die digitale Auslagerung von Aufgaben an den Kunden ist beispielsweise für ein gutes Kundenerlebnis, je nach Positionierung fehl am Platz. Man sollte sich immer gut überlegen, wo man digitalisieren will und wo man bewusst Raum für persönliche Interaktion lässt. Digitale Transformation baut auf der Digitalisierung auf, geht aber einen wesentlichen Schritt weiter. Es geht um die Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten und -modelle, die erst durch die Digitalisierung möglich werden. Die Unternehmen tun sich schwer damit, diese Veränderung auf ihre Geschäftsmodelle zu übertragen – die Erfahrung fehlt ihnen.
Zweitens, «der gewachsene Wildwuchs an Systemen»: Durch «die blinde Digitalisierung» haben Unternehmen digitale Insellösungen angehäuft, die schlecht integriert sind. Das führt meist zu einem wenig überzeugenden Kundenerlebnis. Zudem muss mangelnde Systemintegration durch manuelle Arbeiten kompensiert werden. Risiken im Datenschutz (bspw. GDPR/DSGVO) und hohe finanzielle Aufwände sind die Folgen.
Drittens, «die mangelnde Effizienz in der digitalen Kommunikation»: Die Automatisierung in den Kernprozessen mit ERP, SCM und CRM Systemen ist vorangeschritten. Content Marketing ist zwar omnipräsent, der «Wildwuchs an Systemen» fällt hier aber besonders auf. Unternehmen investieren zudem viel Geld in die Content-Erstellung und sind damit anschliessend wenig erfolgreich. Sie vergessen Massnahmen in der Aktivierung und Verteilung der Inhalte, um damit wesentlich mehr Reichweite und folglich mehr potenzielle und bestehende Kunden zu erreichen.
Was bedeutet hektisch-planlose Digitalisierung? Wie äussert sich das?
Entscheidungsträger hören heutzutage Schlagworte wie «Digitalisierung» und «Agilität». Gerade in KMUs steigt die Angst den Zug zu verpassen und der Druck nimmt zu. Gleichzeitig werden die KMUs von Software-Anbietern und Agenturen regelrecht bombardiert. In der Hektik investiert man schnell in die eine oder andere Technologie und begründet dies als agiles Vorgehen. Dabei müsste man sich zuerst die Frage zu stellen, wie das Unternehmen mit all den neuen technischen Möglichkeiten das Kundenerlebnis neu gestalten muss, um so den Unternehmenserfolg zu steigern.
Das bedeutet mehr Planung vorab?
Investitionen in Digitalisierung lassen sich durchaus vergleichen mit einem Haus- oder Stadtbau. Nehmen wir das einfachere Beispiel Hausbau. Dort überlege ich mir zuerst, welchen Zweck ich erfüllen und was für ein Wohnerlebnis ich schaffen möchte. Ein Architekt erstellt Pläne, nach denen das Haus dann gebaut wird. Erfahrungsgemäss treffe ich bei den Unternehmen ein anderes Bild an. Von aussen sieht es aus, als würden Sie für den «digitalen Hausbau» einfach Baustoffe anliefern lassen und dann ohne grosse Pläne «agil» drauflos bauen. Dies funktioniert vielleicht bei einer Hundehütte aus dem Baumarkt, aber bei einem Wohngebäude ist dies nicht erfolgversprechend. Bei der «Digitalisierung» wenden wir bei yawave aus Überzeugung die agile Methodik an. Dies, um so früh wie möglich Anpassungen aus unmittelbaren Lernerfahrungen vornehmen zu können und um den Kunden eine wesentlich höhere Flexibilität zu bieten. Die Fokussierung und Effektivität dieser Methode schätzen wir sehr. Priorität hat dabei die Abklärung mit dem Auftraggeber, welches die strategischen Zielsetzungen und die Anforderungen sind.
Planungsarbeiten kosten Geld. Sind Unternehmen bereit, dafür zu zahlen?
Tatsächlich ist die Zahlungsbereitschaft für Planungsarbeiten im Bereich der Digitalisierung beschränkt. Überforderung und kurzfristiges Denken von Entscheidungsträgern sind meist die Ursachen dafür. Schlechte Planung führt dazu, dass die Folgekosten um ein Vielfaches steigen. Unsere Kunden schätzen besonders die nachhaltige Kosteneffizienz durch eine solide Planung.
Du hast erwähnt, man müsse auch der persönlichen, nicht-digitalen Interaktion Raum lassen. Was meinst du damit?
Wenn man sich zuerst Gedanken über das zukünftige Kundenerlebnis macht, dann gehören auch nicht-digitale Interaktionen dazu. Mit der zunehmenden Digitalisierung und künstlicher Intelligenz wird der qualitativ hochwertige, menschliche Kontaktpunkt sogar an Bedeutung gewinnen – davon sind wir bei yawave überzeugt. Diese Kontaktpunkte müssen aber ganz gezielt ausgewählt und mit digitalen Instrumenten unterstützt werden.
Wie muss man das verstehen?
Ein Beispiel: Mit dem Aufkommen der Online Buchläden vor 20 Jahren ging man davon aus, dass alle Buchläden nach und nach verschwinden werden. Fakt ist, dass tatsächlich ein Grossteil verschwunden ist, aber immer noch Buchläden existieren, in denen ich heute eine ganz neue “Customer Experience” erleben kann. Ich kann bei einem Kaffee in Büchern stöbern, erhalte kompetente Auskünfte, werde inspiriert – alles ermöglicht durch digitale Systeme im Hintergrund.
Du hast den Wildwuchs an Systemen angesprochen. Ist das nicht einfach eine Realität, mit der man heute leben muss?
Nur bedingt. Einerseits ist klar, dass man Systemvielfalt nicht verhindern kann. Man braucht Systeme, die in einzelnen Geschäftsbereichen ihre besonderen Stärken haben. Solche Systemlandschaften wachsen bei Unternehmen über die Zeit. Dies sollte aber einem klaren Plan, einer Strategie bzw. einer Unternehmensarchitektur folgen. Jedes kundenorientierte Unternehmen muss sich zuerst die Frage stellen: Was ist meine Markt-Daseins-Berechtigung? Wie positioniere ich mich? Wer ist mein Kunde und welche Segmente bediene ich? Die Antworten auf diese Fragen bringen Klarheit über die Anforderungen an die Systemlandschaft. Um effizienter zu werden, analysiere ich zudem diejenigen Prozessabläufe, die ein hohes Transaktionsvolumen aufweisen. Falls diese nach der Realisierung des «neuen Kundenerlebnisses» noch existieren, digitalisiere ich.
Du hast als dritte Herausforderung ineffiziente, digitale Kommunikation bzw. die mangelnde Aktivierung und Verteilung von Content angesprochen, was meinst du damit?
Diese Problematik erleben wir immer wieder. Content Marketing gewinnt an Bedeutung. Bislang wird aber vor allem in die Produktion von Content investiert. Speziell KMUs tun sich noch schwer mit der Auslieferung dieses Contents an eine grössere Audienz. Oft stellt man teuer produzierten Content auf die Webseite und ist einfach glücklich darüber, dass dieser dort ist. Dabei haben gerade KMUs ein riesiges Netzwerk das sie nutzen könnten. Zudem werden viele Kontaktpunkte mit den Kunden unzureichend für mehr Reichweite genutzt. Dies ist übrigens ein Problem, welches wir mit unserer yawave Software einzigartig adressieren.
Hast du abschliessend drei Tipps für eine erfolgreiche digitale Transformation?
Erstens, aus Sicht des Kunden denken und das Soll-Kundenerlebnis definieren. Zweitens, die Anforderungen sauber definieren, priorisieren und planen. Drittens, machen!