Customer Experience, Customer Centricity oder Customer Obsession – all diese Marketingkonzepte sind derzeit äusserst populär, nicht zuletzt aufgrund ihrer Relevanz für die zunehmenden Digitalisierungsinitiativen. Im Kern geht es darum, das Kundenerlebnis als Ganzes sowie die involvierten Komponenten besser zu verstehen, ein einzigartiges Zielerlebnis zu formulieren und dieses so umzusetzen, dass es begeistert. Doch dies ist einfacher gesagt als getan. Aus der Erfahrung dutzender Customer-Experience-Projekte sehe ich fünf wesentliche Erfolgsfaktoren für das nachhaltige Gelingen von Customer-Experience-Initiativen.
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Dr. Markus Koch inmitten der umfangreichen Customer Experience Maps, die er für seine Kunden erstellt.
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Schritt 1: „Positioning First“
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Überzeugende Kundenerlebnisse basieren auf einer relevanten und scharfen Positionierung. Erst wenn klar ist, wie sich ein Unternehmen bzw. eine Marke positioniert, kann anhand dieser Vorgabe ein Kundenerlebnis definiert werden, das zu Erfolg führt. Um ein einfaches Beispiel zu nennen: Ein Unternehmen, welches sich über die Attribute „günstig und schnell” positioniert, muss eine ganz andere Customer Experience bieten, als eines mit den Attributen “kundennah und serviceorientiert”. Das eine Unternehmen wird digitale Touchpoints und Self-Service-Module stärken, das andere wird die persönliche Kundeninteraktion, Erreichbarkeit, usw. in den Vordergrund stellen. Eine starke Positionierung erfüllt sechs Kriterien: Sie adressiert ein relevantes Kundenbedürfnis, differenziert sich vom Wettbewerb, ist für die Mitarbeiter und beteiligte Partner motivierend, hat längerfristige Gültigkeit, ist glaubwürdig und passt zur Unternehmensstrategie.
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Schritt 2: Die Webseite ist kein Touchpoint
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Die meisten Unternehmen betrachten Webseiten oder Apps immer noch als einzelnen Touchpoint oder Erlebnisepisode entlang einer Reihe von Kundeninteraktionen. Das ist falsch. Vielmehr muss man solche Instrumente in der Kombination als sogenannten „digitalen Interaktionslayer” verstehen, der das Kundenerlebnis von der Bekanntheit bis zur Abwanderung entlang sämtlicher Episoden begleitet. Einerseits gibt es immer weniger die Unterscheidung zwischen Webseite, App, Kundenportal, usw., da diese immer mehr durch responsive Designs, Hybrid-Apps, etc. verschmelzen. Andererseits begleitet heutzutage die „digitale Erweiterung des Individuums” in Form eines Smartphones die Kunden auf Schritt und Tritt. Am einfachsten lässt sich das verstehen, wenn man sich die Customer Experience eines Reisenden vergegenwärtigt. Dieser wird aufmerksam über eine Facebook-Werbung, evaluiert über Tripadvisor, bucht im Reisebüro, welches er über Google Maps findet und erhält das Ticket ins Mobile Wallet. Was in diesem Beispiel als selbstverständlich erscheint, sollte das digitale Kundenerlebnis aller innovativen Unternehmen leiten.
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Schritt 3: Die Experience passt auf ein Blatt Papier
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Kundenstrategien, die auf unzähligen PowerPoint-Folien niedergeschrieben sind, werden selten umgesetzt. Customer Experience, Customer Orientation oder Customer Obsession – egal, wie man es nennt – ist eine Denkhaltung, eine produktive Einstellung. Erst wenn die Arbeit an der Customer Experience zu einer Aufgabe wird, die durch tägliche Diskussion, Motivation, Aktion und Optimierung getragen wird, kann ein überzeugendes Kundenerlebnis wachsen. Darum helfen umfassende Konzepte auf DIN-A4-Seiten wenig. Eine Customer-Experience-Management-Übersicht ist der “Führerstand” für bessere Kundenerlebnisse, der Kommandoposten für nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Deshalb gehört in jedes GL-Sitzungszimmer eine Kundenlagekarte in Form einer Customer Experience Map an die Wand – nicht als dekorative Wandverzierung, sondern als strategisches und operatives Arbeitsinstrument.
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Schritt 4: Integrieren heisst Orchestrieren
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Eine grosse Herausforderung bei der Orchestrierung des Kundenerlebnisses ist die Integration von Online und Offline sowie das Abstimmen von eigenen und fremdbestimmten Touchpoints. Bei der Integration von Online und Offline gilt es zu klären, welche Touchpoints mehrheitlich digital ausgeprägt sein sollen, welche Kundeninteraktionen “Multi Access”- also sowohl digital wie auch persönlich – bedient werden und wo der persönlichen Interaktion bewusst Raum geboten wird. Wie bei einem erfolgreichen Orchester braucht es auch beim Kundenerlebnis die richtigen Instrumente an der richtigen Stelle. Sämtliche Interaktionen – ob online oder offline – können durch digitale Prozesse und Instrumente unterstützt werden. Eine weitere Herausforderung in der Abstimmung von Touchpoints haben Unternehmen, die mit Vertriebs- oder Service-Partnern zusammenarbeiten. Hier sind innovative Kundenerlebnisse gemeinsam zu definieren.
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Schritt 5: Die Kunst der kleinen Schritte
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Man kann nicht alles auf einmal erreichen, schon gar nicht nahtlose Kundenerlebnisse, die sich je nach Unternehmensgrösse oft über verschiedene organisatorische Abteilungen erstrecken. Zudem sollte Customer Experience nicht als grosses Projekt verstanden werden, welches einen Anfangs- und einen Endpunkt hat – vielmehr ist es ein fokussiertes Verhalten, eine kontinuierliche Optimierungsarbeit in einer kundenzentrierten Organisation. Ähnlich der agilen Softwareentwicklung werden Customer-Experience-Ideen und -Initiativen kontinuierlich umgesetzt: identifiziert, bewertet, geschätzt und priorisiert. Dabei erfolgt die Priorisierung basierend auf Wichtigkeit, Dringlichkeit, Maturität und Aufwand-/Nutzenverhältnis. Priorisierung heisst aber auch, bewusst wenige sogenannte “Signature Touchpoints” zu bestimmen, die das eigene Unternehmen nachhaltig von der Konkurrenz absetzen. Customer Experience Management ist die Kunst der kleinen Schritte, mit ein paar bewusst gross gesetzten Fussabdrücken.
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